Kommunikation: Sitzungen gut vorbereiten

Arbeitsbesprechungen kranken häufig an fehlender Effizienz. Management-Trainer Paul Stephani gibt Tipps für eine bessere Sitzungsökonomie.

Was zeichnet eine gute Sitzung aus?
Paul Stephani: Ein gute Sitzung ist gründlich vorbereitet. Das beginnt damit, dass die Teilnehmenden die Einladung früh genug erhalten. Darin sollten Ort, Dauer, Traktanden und Ziele der Sitzung stehen, und den Leuten sollte klar sein, was von ihnen erwartet wird. Dann muss natürlich die Sitzung selbst gut geführt sein. Und schliesslich ist im Auge zu behalten, wie es nach der Sitzung weitergeht. Zum Beispiel, indem man präzise Aufträge erteilt und deren Ausführung kontrolliert.

Erfüllen die meisten Sitzungen diese Kriterien?
Leider nicht. Oft werden Sitzungen zu wenig ernst genommen. Es herrscht die Meinung vor, jeder könne eine Sitzung leiten. In Führungskursen, in der Grundausbildung oder an der Uni wird das Thema vernachlässigt. Ganz schlecht sind wahrscheinlich nur wenige Sitzungen. Doch zwischen einer genügenden Sitzung und einer optimalen Sitzung liegen Welten. Arbeitsbesprechungen sollten schon deshalb optimal sein, weil sie sehr teuer sind, wenn man an die internen Lohnkosten denkt. Häufig nehmen an Sitzungen auch zu viele oder die falschen Leute teil.

Gibt es denn eine optimale Teilnehmerzahl?
Die Literatur geht von rund sieben Personen aus. Es kommt natürlich auf das Ziel an. Und oft ist das Ziel einer Sitzung leider unklar.

Wie kann man Ziele formulieren?
In meinen Kursen empfehle ich, Sitzungstraktanden jeweils einer von drei Kategorien zuzuordnen. Bei A-Themen müssen Entscheide gefällt werden. Bei B-Themen muss die Gruppe Problemlösungen erarbeiten. Bei C-Themen geht es um reine Information, und diese würde ich an den Schluss der Traktandenliste setzen. Das hat den Vorteil, dass der Informationsteil bei Zeitknappheit abgekürzt werden kann. Reine Information kann man häufig ja ganz einfach über E-Mail weitergeben. Wenn man aber Informationsthemen am Anfang der Sitzung bringt, ist die Gefahr gross, dass am Schluss für das Wesentliche zu wenig Zeit bleibt.
Wenn an der Sitzung etwas entschieden werden soll, müssen die Teilnehmenden natürlich vorher Zeit haben, sich vorzubereiten. Sie brauchen Entscheidungsgrundlagen: eine schriftliche Analyse über Ausgangslage und Problematik, Lösungsvarianten und vielleicht sogar die bevorzugte Lösung. Nur so kann man sich reiflich überlegen, was der vorgeschlagene Entscheid für Konsequenzen hätte. Bei B-Themen ist darauf zu achten, dass sie nicht plötzlich in einen Entscheid kippen. Es geht nur darum, verschiedene Lösungsvarianten zu erarbeiten.

Hängt der Erfolg einer Besprechnung vor allem vom Sitzungsleiter ab?
Natürlich. Je besser er alles vorbereitet, desto eher können sich die Teilnehmenden motivieren und mitarbeiten. Wer nichtssagende oder gar keine Traktanden erhalten hat, geht einfach mal zur Sitzung und schaut, was passiert. Oft kündigt der Leiter in der Einladung auch das Ende der Sitzung nicht an. Das ist schon fast unanständig. Nur wenn die Sitzungsdauer bekannt ist, kann jemand seinen Tag planen. Es macht zudem gegenüber Kunden einen unprofessionellen Eindruck, wenn man am Telefon oder am Empfang nicht sagen kann, bis wann Herr Soundso noch besetzt ist. Sitzungen zu leiten braucht auch etwas psychologisches Geschick. Ich kann sie militärisch führen, zum Beispiel mit dem Fixieren von Sprechzeiten, oder ich kann die Diskussion einfach laufen lassen. Es gibt vernünftige Zwischenlösungen, die nicht zuletzt vom Ziel der Sitzung abhängen. Eine Krisensitzung zum Beispiel muss man sehr straff führen. Bei anderer Gelegenheit muss ich schüchterne Leute ermuntern, ihre Meinung zu sagen.

Was würden Sie als Teilnehmer tun, wenn eine Sitzung in der Sackgasse steckt?
Ich würde mich wehren. Sehr oft merkt der Leiter gar nicht, wenn das Treffen aus dem Ruder läuft. Wenn er etwa Dauerredner nicht bremst, muss man ihn anständig darauf aufmerksam machen. Um die Sitzung zeitlich im Griff zu haben, kann es sinnvoll sein, bei jedem Traktandum die vorgesehene Zeit anzugeben. Wenn für ein Traktandum zehn Minuten zur Verfügung stehen, dürfte allen klar sein, dass sie nicht zehn Minuten reden können.

Soll man in Arbeitsbesprechnungen nur Fachfragen behandeln oder auch dem emotionalen Befinden des Teams Raum geben?
Das Befinden des Teams kann sogar das eigentliche Thema der Sitzung sein. Man legt das emotionale Problem möglichst emotionslos auf den Tisch und sucht nach Lösungen. Individuelle Probleme gehören aber nicht an eine Sitzung. Und auch bilaterale Probleme nicht, so wie überhaupt keine bilateralen Dinge an einer Sitzung besprochen werden sollten.

Was sind die schwierigsten Sitzungssituationen?
Persönliche Angriffe und Leute, die sich auf Kosten anderer profilieren wollen. Der Sitzungsleiter sollte das stoppen, aber niemanden blossstellen, sondern nach der Sitzung das Gespräch unter vier Augen suchen.

Wie bringt man frischen Wind in ein Team, das sitzungsmüde ist?
Ein Sitzung, die länger als zwei Stunden dauert, muss die absolute Ausnahme bleiben. Ein Mensch kann voll konzentriert nur fünfzig Minuten arbeiten. Neunzig Minuten am Stück sind noch vertretbar, aber spätestens dann braucht es eine Pause. Sonst ist das nur noch eine Durchhalteübung.

Was ist sonst zu beachten?
Das Protokoll. Ein Protokoll hat nur einen Sinn, wenn es unmittelbar nach der Sitzung verschickt wird. Man muss sich auch klar darüber sein, welche Art von Protokoll man will. Empfehlenswert sind reine Beschlussprotokolle. Wenn jemand seine Meinung notiert haben will, muss er das ausdrücklich wünschen. Ein Vollprotokoll mit allen Namen und Voten hat im Geschäftsleben keine Bedeutung mehr. Das ist viel zu teuer. Man kann ein Protokoll direkt in den Laptop schreiben oder sogar von Hand notieren und sofort nach der Sitzung abgeben.

Foto: Beat Hühnli

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