24. Januar 2013
Medienmitteilung: Der Weg in die Schlagzeilen
Ihre Firma expandiert, bietet ungewohnten Service oder begeht ein Jubiläum. Warum nicht die Medien informieren?
Die Jungfraubahnen haben 2011 einen Rekordgewinn erzielt. In Genf wollen Ernesto Bertarelli und Hansjörg Wyss ein Bio-Forschungszentrum aufbauen. Helvetic Airways bedient den Flughafen Bern ab Sommer 2013 mit einem Airbus A319. Woher wissen die Medien das? Ganz einfach: Die Unternehmen haben es ihnen gesagt.
Kein Privileg der Grossen
Medienpräsenz fällt nicht vom Himmel. Man muss auf die Medien zugehen. Das ist kein Privileg finanzkräftiger Konzerne. Auch kleinere Firmen trauen sich das PR-Handwerk zu – und manchmal gelingt der Sprung in die Schlagzeilen. Mit doppeltem Gewinn: Die Firma tritt grossflächig in Erscheinung. Und der Glaubwürdigkeitsbonus redaktioneller Berichterstattung färbt auf das Unternehmen ab.
Medienmitteilung als Basis
Es gibt mehrere Wege in die Redaktionsstuben – heute Newsrooms genannt. Der klassische Weg ist das Communiqué: Man schickt den Redaktionen eine Mitteilung. Wer in der Medienarbeit geübt ist, pflegt zudem persönliche Kontakte zu Journalisten, lädt ein zum Hintergrundgespräch, zum Medienanlass, zur Telefonkonferenz. Hinzu kommt die Medienarbeit via Social Web. Und dann? Was passiert, wenn unsere Botschaft in der Redaktion angekommen ist? Steht die Nachricht morgen in der Zeitung? Vielleicht – wenn wir die Spielregeln einhalten.
Medienarbeit ist kein Ersatz für Werbung
Es kommt vor, dass ein Unternehmen versucht, die Journalisten auszutricksen unter dem Motto: Wir verschicken eine Medienmitteilung und sparen damit Inseratekosten. Das ist verpönt. Wer Gratiswerbung in die Redaktionsspalten schmuggeln will, verkennt die Mechanismen. Journalisten sind keine Marketing-Marionetten. Sie werden den Faden zerschneiden, an dem man sie gängeln will. Auf Dauer funktionieren kann nur eine Produkt-PR, die professionell ist – die Aussergewöhnliches sachlich präsentiert.
Relevanzkriterien beachten
Ein Unternehmen mit Ambitionen auf Medienpräsenz steht vor einer schwierigen Aufgabe: Es muss Wasser in ein Glas schütten, das bereits voll ist. Die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) erhält pro Tag rund 3000 Medienmitteilungen. Davon enden 90 Prozent im elektronischen Papierkorb, schätzt der stellvertretende Chefredaktor Winfried Kösters auf Anfrage. Das heisst: Nur eines von zehn Communiqués wird von der SDA zur Nachricht umgeschrieben und an die Abonnenten verschickt – an Zeitungen, Radio- und TV-Stationen sowie an Online-Portale. Die rigide Selektion ist schon aus Kapazitätsgründen nötig. Darum muss sich jeder Absender fragen: Ist das, was wir sagen wollen, interessant genug? Sinnvolle Medienarbeit versorgt Menschen mit nützlichen Informationen. Die Nachricht muss so relevant sein, dass sich die News-Schleuse der Redaktionen öffnet. Je besser die folgenden Kriterien erfüllt sind, desto eher kommt eine Nachricht in die Medien:
Die Nachricht
- betrifft oder beschäftigt viele Bürger (lokal, regional oder national)
- hat weitreichende Folgen
- meldet Neues, Aussergewöhnliches, Herausragendes
- bringt Prominenz ins Spiel
Die Adressen auswählen
Welche Medien (und deren Publikum) können mit unserem Thema etwas anfangen? Die NZZ berichtet kaum über eine Ladeneröffnung im Haslital. Und die Annabelle nicht über die Bilanz eines Traktorenherstellers. Was die grossen Medien ignorieren, kann dem Fachmagazin oder dem Politblog einen Bericht wert sein. Wählen Sie darum die Adressaten sorgfältig aus. Behandeln Sie jedoch alle Empfänger der gewählten Kategorie wenn möglich gleich: Wenn es in Ihrer Branche drei Fachzeitschriften gibt, kommt es nicht gut an, wenn ein Titel unberücksichtigt bleibt.
Erwägen Sie zudem, Ihre Mitteilung an die Schweizerische Depeschenagentur zu schicken. «Das ist in zwei Fällen sinnvoll», sagt SDA-Journalist Winfried Kösters: «Entweder interessiert das Thema die ganze Schweiz oder eine ganze Region.» Wenn das Thema landesweit von Bedeutung ist, schickt man die Mitteilung ans zuständige Ressort in Bern: inland(at)sda oder wirtschaft(at)sda. Bei regionalen Themen bedient man die zuständige Aussenstelle (Adressen unter http://www.sda.ch/de/kontakt/redaktion). Lokalnachrichten werden von der SDA nicht abgedeckt.
Die Adressen beschaffen
Wenn eine Medienmitteilung nur lokal gestreut wird, ist das Aufbereiten der Adressen relativ simpel. Komplizierter wird die Sache bei grösseren Aussänden. Nützlich ist das Schweizer PR- und Medienverzeichnis der Edition Renteria (www.renteria.ch). Den Unternehmen fehlt allerdings oft die Kapazität, eine Datenbank mit Redaktionsadressen zu pflegen. Eine Alternative bietet zum Beispiel der Zürcher Mediendienstleister Argus. Gegen eine Jahresgebühr kann man dessen Datenbank MediaContact nutzen. Vorteil: Die Adressen lassen sich nach Suchkriterien bündeln. Die SDA-Tochter news aktuell (www.newsaktuell.ch) hat seit 2005 mit der Journalistendatenbank Epic Relations ein vergleichbares Angebot.
Mit E-Mail versenden
Eine Medienmitteilung auf Papier? Das ist vorbei. Der bevorzugte Kanal der Journalisten ist derzeit E-Mail. Wichtig:
- Klarer Absender und eine kurze, aussagekräftige Betreffzeile.
- Den Text möglichst kurz halten und direkt in die E-Mail setzen, keine Word- oder PDF- Anhänge mitsenden.
- Text nicht auf besondere Weise formatieren.
- Allenfalls Link anbieten (z.B. zum Herunterladen von Bildern oder fürs Abonnieren von Meldungen via E-Mail oder RSS).
- Auskunftsperson angeben: Vorname, Name, Funktion, Festnetz, Handy, E-Mail.
- Ganz am Schluss schreiben Sie in wenigen Sätzen ein Kurzporträt über Ihre Firma, damit der Journalist auf Anhieb weiss, mit wem er es zu tun hat.
Eine Alternative zur E-Mail ist der von news aktuell vertriebene OTS-Kanal (Originaltextservice). Die OTS-Meldungen fliessen im Gegensatz zu einer E-Mail direkt in das Redaktionssystem der tagesaktuellen Medien ein.
Unnötiges weglassen
Verzichten Sie auf Angaben zur Textlänge. Der Text wird ohnehin nicht im Wortlaut übernommen (was keine Einladung ist, das Communiqué unprofessionell zu schreiben). Muss das Wort Medienmitteilung im Betreff stehen? Dafür spricht: Es ist auf Anhieb klar, was die E-Mail bezweckt. Dagegen spricht: Das Wort benötigt Platz, den man für den eigentlichen Betreff brauchen könnte. Und ein Journalist, der hundert Mails pro Woche bekommt, kann das Wort Medienmitteilung wohl kaum mehr sehen. Empfehlung: eher weglassen.
Fettnäpfchen umgehen
Zwei Tipps, die Sie vor einem Reputationsschaden bewahren können: Jeder Adressat sollte in seinem E-Mail-Fenster nur die eigene Adresse sehen, keinesfalls die Adressen der anderen Empfänger. Sehr wichtig auch: Die in der Mitteilung erwähnte Auskunftsperson muss erreichbar sein.
Fristgerecht zusenden
Versenden Sie Ihre Medienmitteilung an die tagesaktuellen Medien möglichst früh am Morgen. Berücksichtigen Sie vor dem Festlegen des Versandtermins die Nachrichtenlage: Es hat wenig Sinn, eine Mitteilung am Tag der Bundesratswahl zu verschicken. Bei Fachzeitschriften mit längerer Vorlaufzeit sollten Sie den Redaktionsschluss kennen. Spezielle Informationspflichten in Bezug auf den Zeitpunkt der Publikation gewisser Meldungen bestehen für börsennotierte Firmen.
Die wichtigsten Fragen klären
Erfüllt Ihr Text die oben erwähnten Relevanzkriterien? Gut. Macht er auch klare Aussagen? «Je besser ein Communiqué geschrieben ist, desto leichter fällt uns die Arbeit», sagt Winfried Kösters. Sein Tipp: «Der Absender sollte sich überlegen, welche Fragen der Journalist haben könnte – und diese im Text gleich beantworten.» Gut geschrieben heisst auch: Ein Redaktor muss sich innert Sekunden ein Bild machen können, worum es geht. Misslingt dies, hat man schlechte Karten.
Schnell antworten
Printmedien leben zunehmend von Exklusiv- und Hintergrundberichten. Wundern Sie sich also nicht, wenn eine Redaktion nachbohrt. Antworten Sie schnell, ehrlich und stringent. Wenn eine Frage heikel ist, bitten Sie darum, via E-Mail antworten zu können. Dann haben Sie alles schwarz auf weiss. Gegenüber einem Radiosender, der Ihre Antwort als Originalton senden möchte, muss Ihr Statement sitzen.
Auf Interviews vorbereiten
Vielleicht will der Journalist Sie für ein Interview treffen:
- Geben Sie Ihre Zusage nur unter der Bedingung, dass Sie das Interview vor dem Druck gegenlesen können. Zwar werden Sie Ihre Aussagen theoretisch bereits im Zeitpunkt des Interviews öffentlich machen, doch es darf erwartet werden, dass ein (ungeübter) Interviewpartner seine Aussagen präzisieren kann.
- Sagen Sie während des Interviews klar, wenn eine Information nicht zur Veröffentlichung bestimmt ist, sondern lediglich dem besseren Verständnis dient.
- Wenn Sie den Text zum Gegenlesen erhalten, pfuschen Sie dem Journalisten nicht ins Handwerk. Korrigieren Sie nur objektiv falsche Informationen und präzisieren Sie wenn nötig Ihre Aussagen. Das Ändern von Fragen ist tabu – so wie das komplette Umschreiben der Antworten.
- Falls ein Interview vor der Kamera stattfinden soll: Haben Sie damit keine Erfahrung, könnte es besser sein, Sie verzichten. Steht Ihre Firma regelmässig in der Öffentlichkeit, ist ein Medientraining empfehlenswert.
Website: Rubrik für die Medien einrichten
Wohin führt der Link in Ihrer Medienmitteilung oder in Ihrem Twittereintrag? Falls Ihre Firma regelmässig Medienarbeit macht, sollte der Journalist mit dem Link direkt zur Rubrik Medien auf Ihrer Website gelangen – keinesfalls in eine andere Rubrik.
- Die Rubrik Medien bündelt die wichtigsten Informationen über die Firma.
- Zu finden sind zudem die bisherigen Medienmitteilungen (die neuste zuoberst) als Webtext und als PDF sowie die wichtigsten Termine.
- Bieten Sie auch Bilder zum Donwnload an (in druckfähiger Auflösung), versehen mit Bildtext und Hinweisen zu den Nutzungsrechten.
- Auch hier: Kontaktperson angeben (Vorname, Name, Funktion, Festnetz, E-Mail).
- Die Medienrubrik muss überall auf der Website gut sichtbar sein.
Social Media in Betracht ziehen
Journalisten stützen sich zunehmend auf Quellen in den Social Media. Ein wichtiger Kanal ist derzeit Twitter. Die SDA – und noch mehr die Medien – beobachten das Geschehen auf dem Kurznachrichtendienst mit wachsender Intensität. «Punktuelles Auswerten der Social Media kann uns Hinweise für Geschichten liefern», sagt Winfried Kösters.«Man erfährt vieles, was früher verborgen geblieben wäre.»
Vor diesem Hintergrund muss ein Unternehmen entscheiden, ob es Twitter oder andere Social-Media-Plattformen für die Medienarbeit nutzen will – auch aus Gründen des Multiplikationseffekts oder mit Blick auf eine verbesserte Position in den Suchmaschinen. Von überhasteten Entscheiden ist jedoch abzuraten. Die Position für oder gegen Social Media sollte durchdacht sein – nach Abwägen von Chancen und Risiken. Ein Unternehmen muss den Staub, den es auf den Mitmach-Plattformen aufwirbelt, schlucken können. Das heisst: Es braucht ausreichend Personal, um die Kanäle zu bewirtschaften.
Nicht nur Schönwetter-PR machen
Wer die Medien regelmässig informieren will, sollte auch über Unerfreuliches berichten – sofern das Thema für das Zielpublikum relevant ist und keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden. In der Regel sind Negativmeldungen wie z.B. Stellenabbau und Produktrückrufe vor allem für grössere Unternehmen ein Thema. Doch auch, wenn der letzte Dorfladen schliesst, kann das von Interesse sein, zumindest fürs Lokalblatt. Und dann gibt es noch die ungewollte, überfallartige Medienpräsenz im Zuge von Pannen und Indiskretionen. Wer seine Informationspolitik für Notfälle wappnen will, erarbeitet ein Krisenkonzept. Zuerst wird das Krisenpotenzial des Unternehmens unter die Lupe genommen. Auf dieser Grundlage plant man detaillierte Massnahmen für den Ernstfall, hält diese in einem Handbuch fest und spielt sie in Trockenübungen durch.
Schrittweise vorgehen
Fehlt Ihnen die Erfahrung in der Medienarbeit? Machen Sie erste Schritte. Rufen Sie die Lokalzeitung an, wenn Sie den denken, Ihr Thema könnte von Belang sein. Vielleicht zeigt die Redaktion Interesse. Sie müssen nicht mit der grossen Erfolgsstory aufwarten. Es gibt andere Themen, mit denen Sie bei den Medien Gehör finden können. Beispiele: Einen Tag der offenen Tür ankündigen, auf das Firmenjubiläum hinweisen, einen Branchentrend aufspüren und kompetent erklären, ein Gratisseminar anbieten oder im Betrieb eine Lesung planen – mit einem Schriftsteller aus der Region.
Foto: espacemedia